Neuerscheinungen

Die Schnecken nach Metz treiben

Eine Entdeckungsreise der Langsamkeit in modernem Gewand

Silbrig, wie die Spur einer Schnecke, glänzt das Logo auf dem nachtschwarzen Einband des 120 Seiten starken querformatigen Din A5 Bandes, der so viel mehr ist als eine Sammlung literarischer Perlen eines im Saarland renommierten Autors.

Schnecken nach Metz treiben, eine Redewendung aus der Saarlouiser Gegend, gilt als Synonym für sprichwörtliche Langsamkeit und manch ein Schüler, eine Schülerin, verträumt in der Bank sitzend, kennt den milden Zustand des Herausgelöstseins aus dem Hier und Jetzt. Auch auf idyllisch gelegenen Parkbänken sitzend oder zur späten Abendstunde in der Stammkneipe kann sich dieser Moment des Stillsinnierens einstellen. Wir wissen nicht, wo und wann genau Alfred Gulden, Autor und Filmemacher aus Saarlouis, die Idee zu seinem Langzeitfilmprojekt hatte, wir wissen nur, dass er gleich in dem Fotografen und Kameramann Christian Schu einen kompetenten Partner für sein ungewöhnliches Filmprojekt fand. Sieben Jahre sind seither vergangen, Jahre in denen Gulden und Schu ihre Beobachtungen, Gedanken und Erinnerungen in einem Langzeitprojekt festgehalten haben. Über die Lothringische Hochebene zogen die beiden Flaneure entlang der alten Poststraße zwischen Saarlouis und Metz durch die Landschaft. Mit ihrem eigenen unverfälschten Blick fingen sie autodokumentarisch Menschen und Momente, Erlebnisse und Erinnerungen, ein - dabei kamen über 50 Stunden Filmmaterial zusammen!

Über die Jahre sind so viele Bilder und Filmsequenzen mit dazu passenden Texten herausgekommen. Im vergangenen Jahr entstand dann die Idee, jede Woche einen kleinen Film auf YouTube zu veröffentlichen. Insgesamt 52 Filmgedichte – und eins noch obendrauf!

Der nächste Schritt erscheint fast schon als logische Konsequenz: Alfred Gulden hatte den Gedanken, aus dem Projekt ein Buch zu machen. Ein Buch, in dem man die Texte aus den Filmen auch lesen kann – bebildert mit jeweils einem schwarz-weiß- Foto. Und jetzt kommt das Besondere an diesem Druckwerk: Volker Schütz, der sich um die Umsetzung der Filme auf YouTube gekümmert hat, hatte die brillante Idee, die filmischen Sequenzen über QR-Codes mit den Bildern und Texten im Printexemplar zu verbinden - ein QR-Code pro Film zu jeder Einheit im Buch. Bild wird zu Bewegung, Text zu Stimme und Klang. Das Buch als Mittler zwischen den Medien in einer neuen Dimension.

Der Blattlausverlag aus Saarbrücken, in Persona Helge Barthold, hat das besondere Projekt umgesetzt. Die erste Auflage des Buches, einhundert bibliophile, von eigener Hand gedruckte und aufwändig in Leinen gebundene Exemplare, waren im Nu vergriffen. Jetzt gibt es die Publikation in Taschenbuchbindung mit Softcover im Buchhandel. Und silbrig, wie die Spur einer Schnecke, glänzt das Logo auf dem nachtschwarzen Einband…

 

Gulden, Alfred: Die Schnecken nach Metz treiben
Ein Film- und Textbuch. Softcover
2025 Blattlausverlag Saarbrücken
ISBN: 978-3-945996-78-2
Preis: 24,00 €

(Gabriele Sauer 16.05.2025)

Einfach mal raus und rein ins Naturerleben

Outdoor-Aktivitäten im Inland erleben einen geradezu unglaublichen Boom. Die Deutschen entdecken ihre Heimat neu. Viele Menschen hierzulande und auch aus unseren Nachbarländern folgen bei einem Kurzurlaub im Saarland dem Ruf: Raus in die Natur! Längst ist es kein Geheimnis mehr, das Saarland ist ein wunderbares Wandererlebnisland mit vielen einmaligen Naturoasen.

Wer also eine Flugreise in ferne Länder, vielleicht auch wegen des ökologischen Fußabdrucks, meiden möchte oder keine Lust auf kleine, romantische, aber krachvolle Fischerdörfchen am Meer hat, entdeckt plötzlich im eigenen Land unerwartete Schönheiten. Gerade das Saarland kann mit vielen unterschiedlichen Naturräumen auf relativ kleinem Raum punkten. Was gibt es hier nicht alles zu entdecken! Jetzt im Frühsommer sind es die einzigartigen Orchideengebiete, die zu Spaziergängen mit Feldstecher, Lupe und Fotoausrüstung ganze Heerscharen von Menschen in die sensiblen Schutzgebiete locken. Das Purpurknabenkraut mit seiner imposanten Erscheinung verführt manch einen Besuchenden dazu, mal kurz den Weg zu verlassen, um sich ganz in die Schönheit der Natur zu vertiefen. Das unscheinbare Zweiblatt, auch eine der einheimischen Orchideen, mit mehreren Arten im Saarland vertreten, wird dabei meist übersehen und zertreten.

Natur schützen -  Leben bewahren -  Zukunft sichern                                                                       
Die Naturlandstiftung Saar (NLS) gibt es schon fast ein halbes Jahrhundert, damals, 1976, hatte eine Handvoll Natur- und Umweltschützer die Idee, Tiere und Pflanzen im Saarland durch Flächenankauf dauerhaft zu bewahren und zu schützen. Mittlerweile betreut die Naturlandstiftung über 120 Naturschutzgebiete mit insgesamt über 2.000 Hektar Fläche. Das bereits 2021 erschienene Buch wendet sich nicht nur an engagierte NaturschützerInnen sondern auch an Naturnutzende, wie Bauern und Bäuerinnen, JägerInnen, Waldbesitzende und eben auch an Touristen. Artenschutz betrifft uns alle. Wir Menschen haben dabei eine besondere Verantwortung, für unsere Umwelt, die Pflanzen, die Tiere und somit auch für uns Menschen selbst unter dem Motto: „Natur genießen – Menschen für die Umwelt sensibilisieren“:

Wiesen, Wasser, Warzenbeißer
Dieser reich bebilderte Band der NLS gewährt auf 190 Seiten Einblicke in die vielseitige Arbeit der Stiftung. In Portraits ausgewählter Lebensräume mit ihren typischen Pflanzen und Tierarten wird Wissenswertes über die saarländischen Schutzgebiete vermittelt. Alle Schutzgebiete des Saarlandes sind in einer Karte mit Index verzeichnet. Ein Kapitel über Projekte und Kooperationen mit den Naturschutzverbänden von Luxemburg, Belgien, Frankreich und Rheinland-Pfalz unterstreicht die wichtige Rolle des grenzüberschreitenden Naturschutzes in der Großregion.

Dass Natur und Kultur eine Einheit bilden, wird exemplarisch am Beispiel Forsthaus Neuhaus vorgestellt. Dort ist ein wichtiger Baustein für Ökopädagogik und die Bildung für nachhaltige Entwicklung angesiedelt, dem großen Zukunftsthema, um die Menschen über die Herausforderungen der heutigen Zeit und der auf uns zukommenden Zeit des Wandels zu informieren. Diese Aufgaben, sowie Pflege und Überwachung der Gebiete und die Öffentlichkeitsarbeit obliegen größtenteils der Naturwacht Saarland, die, unter der Trägerschaft der NLS, als Mittlerin zwischen Mensch und Natur in den saarländischen Schutzgebieten aktiv ist.

Reinhold Jost, Verfasser des Grußwortes und damals Minister für Umwelt und Verbraucherschutz, ist längst in ein anderes Ressort gewechselt, seine Nachfolge hat 2022 Petra Berg als Multi-Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz und der Justiz des Saarlandes angetreten.

Das Buch und seine Inhalte hat seit seinem Erscheinen vor vier Jahren nichts an seiner Aktualität eingebüßt und ist wichtiger denn je, damit wir noch lange unsere herrliche Natur genießen können! 

 

Wiesen, Wasser, Warzenbeißer
Hg.: Naturlandstiftung Saar, Dr. Axel Didion, et al
2021/11 Conte Verlag, St Ingbert
ISBN: 978-3-95602-240-1
Preis: 20,00 €

(Gabriele Sauer/ 13.05.2025)

Neue Broschüre über Deutschlands ältestes Kloster

Die Abtei in Tholey wurde 634 erstmals urkundlich erwähnt. Sie liegt zu Füßen des Schaumbergs im St. Wendeler Land und gilt als ältestes Kloster Deutschlands mit aktuell elf dem Konvent zugehörigen Benediktinermönchen. Lange Zeit war es still um die Klosteranlage, bis zum Beginn der tiefgreifenden Renovierungsmaßnahmen in den Jahren 2017-2021. Mit den Spenden einer wohlhabenden Unternehmerfamilie der Region wurde nicht nur das gotische Kirchengebäude renoviert, auch der Garten wurde neu angelegt, Wohnräume umgebaut, die Pforte und das Teehaus saniert. Vier Jahre sind seither vergangen. Seit April 2021 ist die Kirche wieder für Besucher geöffnet – komplett renoviert und mit neuen Fenstern der Künstler Gerhard Richter und Mahbuba Maqsoodi ausgestattet. Damit verfügt die Abteikirche in Tholey nun über weit über das Saarland hinaus bekannte, öffentlich zugängliche, einzigartige Kunstschätze. Gerhardt Richter und Mahbuba Elham Maqsoodi sind zwei Ausnahmekünstler, wie sie unterschiedlicher nicht sein können: Maqsoodi, geboren 1957 in Herat ist Muslima, Richter, der sich selbst als Atheist bezeichnet, erblickte 1932 in Dresden das Licht der Welt. Beide sind in ihrem künstlerischen Schaffen ganz dem Werk verpflichtet. Und genau dieses gilt es zu entschlüsseln. In der neuen Broschüre, die der Autor Rudolf Schäfer, pensionierter Studiendirektor, selbst als eine lockere Erzählung eines Gästeführers beschreibt, fasst er lesenswert und verständlich die Historie der ältesten Abtei Deutschlands zusammen. In enger Kooperation mit den Mönchen der Abtei sowie mit der Gemeinde Tholey ist eine kleine, informative Broschüre entstanden, die auf 60 Seiten Wissenswertes aus Geschichte und Gegenwart der Klosteranlage beschreibt. Im Dezember vergangenen Jahres wurde sie vorgestellt. Damit ist eine Informationslücke geschlossen, die seit längerem von den Besuchern beklagt wurde. Um dem großen Publikumsinteresse nachzukommen sind weitere Veröffentlichungen sowie ein Bildband in Planung, wie Abt Mauritius Choriol bereits ankündigte. Rudolf Schäfer legt in seiner Publikation den Focus seiner Ausführungen auf die Interpretation der insgesamt 32 Bildfenster als monastisches Gesamtkonzept der Tholeyer Abtei. Der studierte Kunstpädagoge Schäfer achtet dabei besonders auf ikonographische Besonderheiten, die er versiert in den historischen Kontext bettet. Das so entstandene Lesebuch ist also mehr als ein traditioneller kunsthistorischer Führer - es ist ein Buch, das einlädt, sich mit der eigenen Erlebnisebene, der Kirchengeschichte, den Religionen, ihren Orten und ihren Akteuren auseinanderzusetzen. Anhand der vielen Farbfotos und Abbildungen bleibt der Besuch in Deutschlands ältestem Kloster auch später noch nachspürbar und wirkt lange nach. Die Broschüre versteht sich als Ergänzung zu dem Gesamtprogramm rund um das Kloster Tholey. Sie ist ein Werk zum Erinnern, Verstehen, Nachlesen und Staunen.
Die Broschüre ist bei der Tourist-Info der Gemeinde Tholey sowie im Klosterladen der Abtei erhältlich.

Schäfer, Rudolph: Die Abtei Tholey in 90 Minuten, ein Gästeführer erzählt
Ottweiler, 2024
Preis: 13,80 €uro

(Gabriele Sauer/27.02.2025)

 

Das Heimatbuch St. Wendel in seiner 36. Ausgabe

Buchvorstellung

Ende November war es wieder einmal soweit: Der Landkreis St. Wendel konnte die 36. Ausgabe seines Heimatbuches bekannt geben. Das Heimatbuch des Landkreises St. Wendel erscheint bereits seit 1948 in mittlerweile dreijähriger Folge. Das Werk versteht sich als Almanach für Heimatkunde, Naturschutz und Denkmalpflege und ist mehr als eine simple Nabelschau eines saarländischen Landkreises, es ist ein fester Bestandteil der regionalen Identität mit profunden Artikeln aus vielen Bereichen. Auf insgesamt 240 Seiten, in einem festen Buchdeckel gebunden und komplett vierfarbig gedruckt, geht es in der neuen Ausgabe des Heimatbuches in zehn Kapiteln mit 26 Artikeln unterschiedlicher Autoren um aktuelle Themen, wie den Katastrophenschutz, den Bahnradweg St. Wendeler Land, das Thema Digitalisierung oder das neuerrichtete Nationalpark-Tor Keltenpark in Otzenhausen, sowie um historische Themen, wie die Auswanderung nach Brasilien vor 200 Jahren, die Züge der Rötelkrämer, die Geschichte der Mariahütte oder die Entstehung eines neuzeitlichen Dorfes am Beispiel Türkismühle. Der Forschungsbericht des Archäologen Thomas Fritsch zeigt die klimatischen Veränderungen in der für diesen Raum so interessanten Eisenzeit und der anschließenden römischen Epoche auf und in einem weiteren Kapitel gibt er dem Leser Einblick in die Ernährungsgewohnheiten der Kelten. Auch dem 2023 im Alter von 90 Jahren verstorbenen Dichter Johannes Kühn ist ein eigener Artikel gewidmet. Dem saarländischen Lyriker Kühn, dem Winkelgast aus Hasborn, wurde mit der Aufstellung seiner Gedichte entlang des Wanderwegs rund um seinen Heimatort schon ein Denkmal gesetzt, seinen steinigen Lebensweg kann man jetzt in dem Artikel nachlesen.

Das Heimatbuch St. Wendel gibt in seinen 36 Ausgaben einen Überblick über Vergangenheit, Gegenwart und die Entwicklung des Landkreises. Es ist mit seiner neuen Ausgabe ein Beleg für das wachsende Geschichts- und Heimatbewusstsein, gepaart mit dem Verantwortungsgefühl, die Region für die Zukunft fit zu machen. Seit vielen Jahren erscheint das Heimatbuch St. Wendel im 2008 gegründeten Schaumberg Verlag, der mit seinen Publikationen dem Begriff Heimat ein neues Verständnis verleiht, um die regionale Vergangenheit ohne sentimentale Rührseligkeiten neu einzuordnen. Die Zeitschrift »Saargeschichte|n«, Heimatbücher, Krimis, Romane, Gedichtbände oder historische Lesebücher, meist mit Regionalbezug, lassen sich im Portfolio des Verlags finden.

Heimatbuch des Landkreises Sankt Wendel, ein Volksbuch für Heimatkunde und Denkmalpflege
Hg.: Recktenwald, Udo, Landrat des Kreises St. Wendel
2024/11 Edition Schaumberg, Marpingen
ISBN: 978-3-910306-17-2
Preis: 24.00 €

(Gabriele Sauer/24.02.2025)

 

Ereignisse in preußischer Zeit zwischen Saar und Mosel

Buchbesprechung

„Dieser Luxus lockte Schmuggler“, hinter dem Titel verbergen sich 28 kurze, zeithistorische Erzählungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert. Einem Jahrhundert, das, wie kaum ein anderes, von gewaltigen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Änderungen geprägt wurde. Allenthalben sind die Nachwirkungen der französischen Revolution und der nachfolgenden, europaweiten Kriege zu spüren. Das Volk ächzt unter einer Abgabenlast und Restriktionen, der Adel hat längst wieder seine vorrevolutionäre Stellung ausgebaut und eine neue Schicht Besitzender aus der Industrie tritt in ihre Fußstapfen. Soweit so bekannt. Doch wie gestaltete sich das Alltagsleben der Menschen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts? Gerade hier im heutigen Saarland, wo gleich mehrere Machtsphären aufeinandertreffen und die Industrie gerade beginnt, aus den Kinderschuhen herauszuwachsen?

Die Idee zu dieser Sammlung historischer Erzählungen kam der Autorin Nolte-Schuster bei ihrer Beschäftigung mit preußischen Amtsblättern aus jener Zeit. Die kurzen Notizen der Preußen, die alle Ereignisse vom Wetter über die Ernte bis zu Unfällen und Gesetzesverstößen akribisch dokumentierten, dienten der Sozialwissenschaftlerin als Vorlage für einen interessanten Blick auf das Zusammenleben der Menschen in diesen oftmals schweren Zeiten. Aus trockenen Amtsnotizen entstand so ein spannendes, historische Lesebuch, mit wissenschaftlichem Hintergrund. In fünf Großkapitel unterteilt, erhellt es streiflichtartig alle Belange der damaligen Gesellschaft in unserer Region, die sozialen Bedingungen und die vielfältigen Herausforderungen an jeden Einzelnen. Abstrakte Themen wie Auswanderung, Militärpflicht, Kinderarbeit, medizinische Versorgung, technische Neuerungen bis hin zu Wetterkapriolen stehen in direktem Bezug zur Erlebenswelt der damaligen Bevölkerung. Ihre Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit, sowie das Streben nach politischem Aufbruch und demokratischer Teilhabe, bestimmen das Zusammenleben. Durch die konkrete Benennung beteiligter Personen und Ereignisse wird der Alltag der Menschen in der preußischen Zeit zwischen Saar und Mosel lebendig.

In diesem Buch aus der Edition Schaumberg wird auf über 200 Seiten ein wahres Panoptikum personenbezogener Alltagsgeschichte locker in lesenswerten Erzählungen entfaltet. Ein Literaturverzeichnis und ein Ortsregister ergänzen die Textbeiträge.

Nolte-Schuster, Birgit: Dieser Luxus lockte Schmuggler und weitere Ereignisse in preußischer Zeit zwischen Saar und Mosel
2024 Schaumberg Verlag, Marpingen
ISBN: 978-3-910306-15-8
Preis: 20.- €

(Gabriele Sauer/15.02.2025)

Blick zurück – Die große Zeit der Schifffahrt auf der Saar

Buchbesprechung

Eigentlich ist es noch nicht so lange her, dass die Saarschifffahrt im Saarland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor war. Noch in den Jahren 1980 bis 1999 setzte das Land mit dem Bau der Schleusenanlage in Lisdorf und dem Schiffswendeplatz in Saarbrücken wichtige Akzente zum Ausbau der Saar zur Großschifffahrtstraße. Dieser zielte darauf, die Wirtschaftsstruktur im Saarland zu stärken und das überörtliche Straßennetz vom Güterverkehr zu entlasten. Die damals prognostizierten elf Millionen Tonnen Frachtverkehr blieben auf Grund des Strukturwandels im Saarland mit gerade mal vier Millionen Tonnen weit hinter den gesetzten Erwartungen zurück. Blühte die Saarschifffahrt in den Anfangsjahren des Saarausbaus in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts noch einmal auf, musste sie doch in den folgenden Jahren registrieren, dass sie der übermächtigen Konkurrenz der unter internationaler Flagge fahrenden Großschiffe nicht gewachsen war. Viele der alten Schifffahrer-Familien mussten ihren Betrieb aufgeben. Der Güterverkehr auf der Saar, ein wesentlicher Faktor für die industrielle Entwicklung des Landes, spielt heute leider keine große Rolle mehr. Daher kommt der Blick zurück auf die große Zeit der Saarschifffahrt und ihrer Akteure gerade recht, um den nachfolgenden Generationen in Worten und Bildern aus der Geschichte der Saarschifffahrt, von ihren Anfängen bis heute, zu erzählen.  

Der Diplom-Ingenieur Harald Weiler, Heimatforscher und Schriftführer des Vereins für Heimatkunde Lisdorf e.V., hat nach fünfjähriger intensiver Recherchearbeit ein 208-seitiges, reichbebildertes Kompendium zur Geschichte der Saarschifffahrt mit besonderem Blick auf die Berufsschifffahrt an der mittleren und unteren Saar vorgelegt. Dreh- und Angelpunkt der Betrachtung ist demgemäß Lisdorf mit seinen aus dem Ort stammenden Schifferdynastien. Nach einer kurzen Einführung widmet sich der Autor intensiv der Geschichte der Schifferfamilien und stellt sie und ihre Schiffe mit großer Fachkompetenz namentlich vor. Selbst der Schiffswerft Wirotius, die schon vielen alten Frachtkähnen ein zweites Leben geschenkt hat, ist ein eigenes Kapitel gewidmet.

Neben den geographischen, politischen und wirtschaftlichen Aspekten der Saarschifffahrt fließen viele persönlichen Erinnerungen der Saarschiffer und ihrer Familienangehörigen in das Buch ein. Entstanden ist so eine spannende Zeitreise, bei der anhand von Akten, Dokumenten, Plänen und Zeichnungen aus Archiven sowie größtenteils privaten Fotografien, Befragungen von Zeitzeugen und Erinnerungen an Kindheitstage mit den Großeltern auf dem Wasser fast zwei Jahrhunderte Geschichte der Saarschiffer zum Leben erweckt werden. Sie erzählt vom schwierigen Alltagsleben auf schwankenden Planken, Sonntagsgottesdiensten in fremden Städten, Zollformalitäten, Kriegseinsätzen, Bürokratie und Motorschäden, wirtschaftlichen Erfolgen und Misserfolgen; jede Familie, jedes Schiff blickt auf eine ganz eigene Geschichte. Viele ehemalige und bis heute aktive Schiffer kommen dabei zu Wort, und haben teils selbst an der Entstehung des Buches mitgewirkt. Gerade das macht das Werk so ansprechend und lebendig.

Erschienen ist die fundierte Publikation des Hobbyforschers Weiler im November 2024 im Eigenverlag, der Herausgeber ist der Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V. über den das Buch auch zu beziehen ist. Bestellungen über den Buchhandel oder schriftlich direkt beim Verein unter heimatkunde@lisdorf.de  

Weiler, Harald: Die Saarschiffer, Berufsschifffahrt an der mittleren und unteren Saar.
Hg.: Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V., 2024
22,90 €

(Gabriele Sauer/ 09.01.2025)